Versuch macht klug

Im Öko-Feld ist das beim Gemengetag auf die Bioland-Hof Ostermann Programm

Zum dritten Mal konnten Interessierte auf den Bioland-Hof von Jörg-Wilhelm Ostermann eingeladen werden. Der Gemengetag brachte eine Menge zutage – vor allem Informationen und Austausch zum Thema. Denn Gemenge haben es in sich: Potenzial und Krux gehen hier Hand in Hand. „Wir freuen uns, dass wir mit Jörg-Wilhelm so einen experimentierfreudigen Partner in unserer Öko-Modellregion haben“, so Christiane Kania-Feistkorn vom Projekt-Management. „Vor allem, da er immer wieder bereit ist, für uns und interessierte Landwirte seine Schläge zugänglich zu machen, seine Erfahrungen mit uns zu teilen. Das ist nicht selbstverständlich.“ Denn Ausprobieren kostet nicht nur Zeit und Energie, sondern unter Umständen auch Geld. In diesem Jahr hat Jörg-Wilhelm vier Gemenge-Partnerschaften im Anbau und nicht alles ist so geworden, wie er es sich vorgestellt hat …

Mit Martin Schochow, dem Fachberater für Ökolandbau der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, hat ein „alter Feldhase“ Einblick in die Erkenntnisse eines ehemaligen Forschungsprojektes zum Gemengeanbau gegeben. Aber Anbau-Know-how ist das eine, die Vermarktung das andere. Wer keine eigene Verwertung zum Beispiel in Form von Futter für seine Gemenge-Ernte hat, sollte zuvor mit der abnehmenden Hand sprechen. Für diesen Vormittag hat Markus Burmester von Öko-Korn-Nord seine Vermarktungserfahrung zur Verfügung gestellt. Denn ohne den Abnehmer zu kennen, ist es nicht sinnvoll, in den Gemengeanbau einzusteigen, sind die Vorteile auch noch so attraktiv. „Deshalb rate ich unbedingt im Vorfeld mit uns oder anderen möglichen Abnehmern Kontakt aufzunehmen“, so Burmester. „Der Gemengeanbau ist noch eine Nische und braucht etwas Vorlauf. Außerdem sollte ausgelotet werden, welche Feldfrüchte gefragt sind und sich vermarkten lassen.“ Für ihn sind es im Moment folgende Gemenge-Partnerschaften, die er empfehlen kann: Gerste/Erbse, Triticale/Wintererbse und Leindotter/Erbse. Zudem erfolgt die Reinigung zumeist in kleinen Zeitfenstern, die die Hauptkulturen den Dienstleistern im Tagesgeschäft lassen. Daher sind enge Absprachen wichtig, bevor es losgeht. Außer natürlich, man habe eigene Reinigungs- und Lagermöglichkeiten…

Zurück zum eigentlichen Gemenge, denn wenn alles andere geklärt ist, dann wird’s spannend. Jörg-Wilhelm hat in den letzten Jahren schon ein paar Kombinationen ausprobiert. Seit letztem Jahr hat der Biohof Ostermann auch eine eigene Ölpresse und kann seine Ernte somit selbst veredeln, das gibt natürlich auch mehr Spielraum. Durch die Teekräuter-Manufaktur mit einem Hektar Kräuter-Anbaufläche ist die eigene Vermarktung in den letzten Jahren schon aufgebaut, sodass die Öle eine schöne Ergänzung zum Angebot von Verena Ostermanns Betriebszweig „Heide-Kräuter“ darstellen. Der Schwerpunkt liegt hier bei Tee- und Gewürzkräutern, somit liegen Ölfrüchte ebenfalls nahe. Mit Leindotter hat der Betrieb schon gute Erfahrungen gemacht. Zu dieser Kultur konnte die Öko-Modellregion 2021 den ersten Öko-Feldtag auf dem Hof anbieten. Sie spielt auch in diesem Jahr eine Rolle und wurde mit Linse kombiniert, die beiden sind gut zu trennen und auch die Linse lässt sich hier auf dem Hof weitervermarkten. Als zweite Kombi wagt der Leindotter einen flotten Dreier mit Lupine und Borretsch. „Der Versuch war nicht so erfolgreich“, so Jörg-Wilhelm. Lupine und Leindotter haben trotzdem einen guten Stand. Borretsch findet sich vereinzelt.

Ein Exot war der Schwarzkümmel, den er mit der Lupine kombiniert hat. Als Ölfrucht durchaus attraktiv, konnte er sich aber in diesem ersten Versuch nicht etablieren. Hier musste er sich zudem entscheiden, wie er mit der Unkrautregulierung umgeht. „Der Schwarzkümmel kam erst spät und vereinzelt durch – da stellte sich die Frage: Striegele ich ein zweites Mal und riskiere die jungen Pflanzen damit ebenfalls zu entfernen, oder nicht.“ Er hat sich dagegen entschieden. Sehr zur Freude der Melde … siehe Foto. Aber das gehört für Jörg-Wilhelm dazu. Es funktioniert nicht immer alles gleich gut oder von Anfang an. Die schöne Pflanze ist aber im Schaugarten der Ostermanns zu bewundern.

Leindotter/Linse und Hafer/Kichererbse hingegen sind vielversprechend und machen einen guten Eindruck. Das Timing der Aussaat und Pflege der Kulturen haben gut gepasst, jetzt bleibt die Abreifung abzuwarten, Jörg-Wilhelm ist diesbezüglich optimistisch. Saatgutvermehrung und die Veredelung von Ölfrüchten erleichtern dem experimentierfreudigen Ökolandwirt die Entscheidung auch einmal Ungewöhnliches zu wagen. „Hinzu kommt, dass wir eine Mutterkuhherde und Geflügel auf dem Hof halten, sodass ein Missversuch auch mal als Tierfutter verbraucht werden kann“, so Jörg-Wilhelm. Er ist übrigens Fürsprecher für Tierhaltung auf dem Betrieb, der Mist ist ein guter Nährstoffgeber für den Boden.

Aber was macht denn nun die Vorteile des Gemenganbaus aus? Diese zeigt Martin Schochow auf: Ganz klar kann das Gemenge durch dichtere Bestände das Beikraut deutlich reduzieren. Die Bestände werden widerstandsfähiger und im Stand stabiler: Vor allem Erbsen neigen dazu, sich platt hinzulegen, wenn sie nicht gestützt werden. Sie sind als Eiweißpflanze und Leguminose durchaus interessant im Anbau. Hier ist die möglichst gleiche Abreifzeit wichtig, ebenso bei Kombinationen mit der Lupine, die bei Ausreifung gerne ihre Früchte fallen lässt. Nährstoffanreicherung und gegebenenfalls sogar eine höhere Leistung pro Hektar stehen ebenfalls auf der Pro-Gemengeanbau-Liste. Nicht zu verachten ist aber auch die Wirkung auf den Boden durch die effizientere Durchwurzelung und das „Mehr“ an Wurzelmasse. Für den Erosionsschutz und auch für mehr Biodiversität auf dem Acker ist der Gemengeanbau Gold wert.

Zu Bedenken sind aber vor allem die Wahl der Partner und die Fruchtfolge. Außerdem sollte vorher klar sein, welches Ziel mit dem Anbau verfolgt wird – und nicht zu vergessen: Die jahresbedingten Effekte gilt es ebenfalls zu beachten. Bei der Technik hinken die deutschen Hersteller offenbar noch etwas hinterher, so die Erfahrung einzelner Teilnehmer. In anderen Ländern, Dänemark zum Beispiel, wird Aussaattechnik für zwei Kulturen entwickelt. Hier muss entweder der Bastler ran oder man muss aufgrund der Saat- und Abreifezeiten getrennte Aussaatzeitpunkte wählen.

„Für uns war die dritte Veranstaltung “im Öko-Feld“ ein schöner Erfolg. Durch die Vielzahl der Kulturen, durch das breite thematische Feld und das geballte Wissen der Referenten, aber auch der Teilnehmer kam ein reger Austausch zustande. Die Erfahrungen und das Wissen miteinander zu teilen, statt in Konkurrenz zu treten, konnte an diesem Vormittag gut gepflegt werden“, sind sich die Projektmanagerinnen Christiane Kania-Feistkorn und Eva Neuls einig. „Wir freuen uns schon auf das nächste Thema und über das Signal der Familie Ostermann, dass wir auch zu einem vierten Feldtag in Eimke willkommen sind.“